Montag, 25. Januar 2010

Zwischen 1689 und 1984

In einem Interview in der Presse, das mit dem türkischen EU-Chef-Verhandler Egemen Bagis geführt wurde, kam wieder einmal die ganze türkische Meinungspropaganda und ein höchst merkwürdiges Geschichtsverständnis ans Tageslicht.

Lustig ist, dass dieser Herr zu wissen glaubt, dass das mythische Mädchen Europa, welches von Zeus entführt wurde, Türkin war. Warum hat er das nicht gleich gesagt. So bekommt er vielleicht einen EU Sondertarif.

Dass die Türkei mit der Demokratie nicht so richtig umgehen kann, gibt er sogar indirekt zu. Denn er sagte:
„Es wird ein großartiges Rendezvous stattfinden, sobald die Türkei mit ihrer dynamischen, jungen Gesellschaft der EU beitritt, die ihr wiederum mehr Demokratie, Transparenz und Wohlstand bringt.“

Das ist vor allem deswegen interessant, weil der selbe Herr Egemen Bagis noch vor wenigen Wochen dazu aufgerufen hat, alle Muslime möchten aufgrund des Volksentscheids zum Minarettverbot in der Schweiz, deren Banken boykottieren. Man muss sich das noch einmal auf der Zunge zergehen lassen. Der türkische EU-Chef-Verhandler fordert alle Muslime auf, die Schweiz für ein demokratisches Ergebnis zu boykottieren. Gleichzeitig drängt er sich mit aller Kraft und Trickserei in den „Christenclub“ EU.

Das Verhandlungsergebnis steht für ihn auch schon fest. Denn er sagte, dass bisher jedes Land, das verhandelt hat, am Ende auch EU-Mitglied geworden ist. Bei der Türkei wird das nicht anders sein. Eine privilegierte Partnerschaft empfindet er als beleidigend. Also lehnt er sie prinzipiell ab.

Ich wiederhole: Es soll also Verhandlungen geben, bei denen das Ergebnis einer Vollmitgliedschaft schon im Vorhinein feststeht. Alternativen lässt er uns keine. Die Türkei setzt fest, was zu geschehen hat. Ihre Phantasie muss nicht groß sein, um sich auszumalen, wie tolerant die Türkei erst sein wird, wenn sie in der EU ist. Zum Schluss fügt er noch den eigenartigen Satz an, dass die Verhandlungen ergebnisoffen sein müssen. Was das zu bedeuten hat, wenn das Verhandlungsergebnis einer Vollmitgliedschaft schon feststeht, ist mir schleierhaft.

Natürlich wird das türkische Paradedruckmittel Nabukko Pipeline nicht vergessen. Viel mehr als an der Verwirklichung der Beitrittsbedingungen arbeitet die Türkei an dem Bau dieses Ölförderprojekts. Schließlich weiß die Türkei, wie es Europa erpressbar machen kann. Das bringt mich auf den Gedanken, dass vermutlich nicht Europa ein türkisches Mädchen war, sondern wahrscheinlich war ihr Entführer Zeus ein Türke.

Ach ja, Herr Egemen Bagis meinte auch, dass die Türkei eine Barriere gegen illegale Einwanderung wäre. Hier muss ich ihm Recht geben.
Wenn freier Personenverkehr zwischen der Türkei und Resteuropa herrscht, dann gibt es keine anatolischen illegalen Importbräute mehr.

Angesprochen auf die in Österreich herrschende Skepsis zum türkischen EU-Beitritt meinte er, dass das Jahr 1683 schon lange vorbei wäre. In den vergangenen 300 Jahren haben wir angeblich Weltprobleme gemeinsam gelöst. Welche das waren, verriet er jedoch nicht. Vielleicht meinte er, dass das Osmanische Reich im zweiten Weltkrieg ein Verbündeter Hitlerdeutschlands war? Mir ist jedenfalls kein Problem bekannt, dass in Zusammenarbeit zwischen Türkei und Österreich bzw. Europa gelöst wurde.
Zum Schluss jedoch, setzte er dem Ganzen noch die Krone auf. Auf die Frage, wo die Grenzen Europas wären, meinte es: „Die Grenzen Europas sind in den Köpfen der Europäer.“
Eben, Herr Egemen Bagis. Warum akzeptieren Sie es denn nicht endlich? Demzufolge ist die Türkei außerhalb Europas. Ich weigere mich, mein Gehirn und mein Demokratieverständnis solange weich klopfen zu lassen, bis die Türkei innerhalb Europas liegt, weil sich dieser Christenclub Europa immer mehr an die Türkei angepasst hat.