Zuerst einmal möchte ich mich bei den Lesern für meine Abwesenheit entschuldigen. Berufliche Veränderung und private Aufgaben halten mich die letzten Wochen stetig davon ab, die Glanzleistungen unserer Volksvertreter zu kommentieren. Doch heute soll eine Ausnahme sein.
Die SPÖ hat ein „neues“ Gesicht. Nicht gerade das Jüngste. Schließlich will man es ja der ÖVP nicht nachmachen, die Sebastian Kurz als Außenminister in die Welt schickt, wo alle Kollegen mitleidig lächeln und ihn höflich loben. Jetzt haben wir Österreicher wieder einen Metternich (das ist eine Anspielung deutscher Medien auf das zarte Alter des Außenministers, der ebenso jung sein Amt bekleidet wie damals Metternich, als der Kaiser ihn berief, das Volk zu bespitzeln).
Jetzt haben wir Österreicher einen Politiker, auf den wir stolz sein können (warum auch immer).
Nein, die SPÖ wird uns kein junges Gesicht im kommenden EU-Wahlkampf zeigen, sondern einen ORF-Pensionisten. Kaum wurde Eugen Freund als Journalist in die wohlverdiente Pension geschickt, will er auch schon in die Politik. Man höre und staune. Eugen Freund findet sich am ehesten in der SPÖ wider. OT Eugen Freund: „Als Journalist ist es notwendig, eine Gesinnung zu haben…“ Im ORF unter Alexander Wrabetz ist das sicher absolut notwendig, dass man die RICHTIGE Gesinnung hat und das hat Eugen Freund (wohl nicht zum ersten Mal) hiermit unter Beweis gestellt.
Doch ich frage mich, was ihn wirklich antreibt. Das muss man sich ja einmal vorstellen. Am Geld kann es wohl kaum liegen, denn ich bin überzeugt, dass Eugen Freund als ORF Journalist ausgesprochen gut verdient hat und nicht am Hungertuch nagt. Aber kaum ist er im wohlverdienten Ruhestand, drängt sich ihm auch schon die SPÖ auf (so will er uns glauben machen), weil sie einen Sympathieträger benötigen (angesichts der vormaligen SP-EU Abgeordneten wie Hannes Swoboda ist das nicht ganz von der Hand zu weisen). Eugen Freund vermutet, dass es weniger seine Schönheit ist, sondern (OT) „das Hirn zwischen seinen Ohren“, das die SPÖ veranlasste, sich ihm aufzudrängen. Angesichts des Potentials, welches die SPÖ/ÖVP Regierung derzeit zwischen den Ohren zu haben scheint, ist auch Eugen Freunds Vermutung nicht ganz von der Hand zu weisen, was aber weniger über seinen „Ohrenzwischenraum“ aussagt, als über den der Regierung. Nach Tagen des intensiven Nachdenkens sind seine Familie und er zu dem Ergebnis gekommen, dass Eugen Freund den Job annimmt. Was mich ratlos zurücklässt ist die Tatsache, dass Eugen Freund angibt, nach intensivem Nachdenken und trotz seiner komfortablen Situation zu diesem Schluss zu kommen. Selbst wenn Eugen Freund es zu Hause wirklich nicht aushält (oder seine Familie ihn), könnte er es bequem mit Selbständigkeit, Bildung, Selbstverwirklichung etc. probieren. Er könnte wieder Bücher schreiben oder sich anderweitig ein Denkmal setzen. Jedenfalls könnte er etwas Individuelles machen. Nicht so eingeengt in einen Apparat wie den ORF. Aber nein, Eugen Freund ist ein braver Parteisoldat (eine andere Begründung fällt mir leider nicht ein). Kaum wird er in Pension geschickt, verspielt er seine Seriosität und Sympathiewerte indem er seine (angebliche) Unabhängigkeit an den Nagel hängt und offen für die SPÖ wirbt. Steht nicht schon in der Bibel, dass das, was heute verborgen ist, morgen von den Dächern gerufen wird?
Bisher haben die Sympathiewerte jedes ORF Journalisten massiv darunter gelitten, wenn sie nach ihrer Journalismuskarriere in die Politik wechselten und auch bei Eugen Freund kann man es fast schon körperlich spüren, wie blitzartig seine Seriosität und Sympathie zum Teufel gehen.
Als Argument geben Journalisten, die in die Politik gehen, immer an, dass sie etwas verändern wollen. Hat Eugen Freund seinen Parteikollegen Josef Brokal wirklich gefragt, was dieser als ehemaliger Journalist schon alles in Österreich verändern konnte? Ich wüsste nicht einmal, was J. Brokal als Politiker eigentlich macht oder wofür er sich einsetzt. Europa ist noch viel schwerfälliger und träger als die nationale Politik. Veränderungen sind dort noch viel schwerer herbeizuführen, als im kleinkarierten Österreich, wo man vor allem mit zwei Landeshauptmännern gut stehen muss.
Meint Eugen Freund wirklich, dass er dazu beitragen wird, dass sich Europa verändert? Kann ein Mann mit Hirn zwischen den Ohren so naiv sein?
Und wenn er Europa verändern will, dann ist es irgendwie unlogisch, dass er das mit den Sozialdemokraten erreichen will, denn diese stehen ja nicht gerade für die große Veränderung im Sinne von etwas ganz Neuem, sondern man hört von den Sozialisten seit Jahren immer die selben Parolen. Wenn Eugen Freund seine Unabhängigkeit und seinen Mut unter Beweis stellen wollte und wenn er eine echte europapolitische Korrektur einleiten wollte, hätte er wohl eher für die FPÖ oder die Reformkonservativen antreten müssen, denn darin stünde wirklich Potential, das Gesicht Europas zu verändern. Der ORF hätte ihn fallen gelassen wie eine heiße Kartoffel und ich hätte mir gedacht, was für ein mutiger Mann. Der ist jetzt echt unbestechlich und macht wirklich, was er will. Doch dass Eugen Freund für die SPÖ antritt, überrascht wohl niemanden. Was ist er in der SPÖ schon mehr, als ein einigermaßen bekanntes Gesicht, wie es Josef Brokal einst war, aber von dem man auch heute nichts mehr weiß? Bekannte Gesichter ohne Vision (und die vermisse ich bei Eugen Freund) nutzen sich so schnell ab wie die Sympathiewerte.
Etwas Besseres ist ihm in seiner Pension wirklich nicht eingefallen?
Wenn das seine wohlüberlegte Entscheidung war, dann ziehe ich entweder sein Hirn zwischen den Ohren in Zweifel, oder er ist ein braver Parteisoldat und zeigt einmal mehr, was für eine sozialistische Kaderschmiede der ORF ist.
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