Montag, 17. Januar 2011

Rote und Orange Utopien anhand Berufsheer und Bildungsdebatten


Nach der Disskussionssendung des ORF „Im Zentrum“ zum Thema Bundesheerreform (Berufsheer versus Wehrpflicht) habe ich den Eindruck bekommen, dass der SPÖ (aber auch dem BZÖ) der letzte Funken Realitätssinn abhanden gekommen ist.
Besonders sympathisch finde ich die Argumentation „die anderen Länder haben auch ein Berufsheer.“ Was sagt das aus? Andere, durchaus westliche Länder, haben auch die Todesstrafe und niemand würde sie zur Argumentation für die Todesstrafe heranziehen.
Herr Petzner (BZÖ) sprach sich mit folgendem Argument gegen die Wehrpflicht und für die Abschaffung des Zivildienstes aus: Vor dem Jahre 1975 habe es noch gar keinen Zivildienst gegeben, also wäre er auch nicht notwendig. Dass sich die Situation seit 1975 etwas verändert hat, muss ihm entgangen sein. So muss der Pflegebedarf seit 1975 rapide gesunken sein und die Finanzierbarkeit von Sozialdienstleistungen muss heute viel gesicherter sein als damals, sonst könnte er ja dieses Argument nicht anführen. Wenn nicht, ist hier massive Weltfremdheit zu diagnostizieren. 

Herr Darabos (Verteidigungsminister SPÖ), der noch vor einem Jahr keinen Sinn darin sah, die allgemeine Wehrpflicht abzuschaffen, schwärmt heute davon. Diese Diskussion und auch sein Reden verlaufen weitreichend argumentationsfrei. Angeblich ist ein Berufsheer billiger. Doch hat mir noch keiner erklären können, worin bei einem Katastropheneinsatz der Vorteil eines Berufsheeres wäre. Kommt es bei Hochwasser nicht darauf an, möglichst viele anpackende Hände zur Verfügung zu haben, statt wenige hochgerüstete Spezialisten? Oder kommt es bei Erdbeben nicht darauf an, dass möglichst viele Menschen nach verschütteten Opfern graben, statt viele Professionisten zu haben? Ist Katastrophenschutz nicht eine Kernkompetenz des Bundesheeres? Ist nicht der unnötige Grenzschutz an der ungarischen Grenze mit den Wehrdienstsoldaten teuer genug? Nein - es müssen noch teurere Profis sein, die irgendwo im Gemüse sitzen und sich den ganzen Tag langweilen. Für Fuchs und Hase (und dem subjektiven Sicherheitsgefühl) ist dem Verteidigungsminister nichts zu teuer.

Nach der Einmottung des militärischen Arms der Armee durch die Verschrottung der Panzer ohne Neugerät zu beschaffen, geht der Verteidigungsminister daran, den Zivilschutz des Bundesheeres zu zerstören. Denn wie die sofortige Einberufung im Katastrophenfall von einer großen Zahl von Reservisten gewährleistet werden soll ist mir schleierhaft.Ein Berufsheer, ergänzt durch eine Freiwilligenmiliz soll die allgemeine Wehrpflicht ersetzen. Ein paar Professionisten müssen reichen, sollte die Erde beben, Hochwasser oder Lawinen die Menschen bedrohen etc. Wie Darabos tausende Reservisten im Katastrophenfall herzaubern will, hat er meines Wissens noch nicht verraten.

Ach ja. Dann hätte ich noch eine Frage zu den Lobeshymnengesängen an das Freiwillige Soziale Jahr, dass jetzt angeblich alle jungen Menschen, denen bis dato so etwas nicht in den Sinn gekommen ist, machen, weil es mehr Geld gibt.
Warum sollte ein Freiwilliges Soziales Jahr billiger werden, wenn man den Freiwilligen mehr zahlen muss als den Zivildienern?
Was wenn es nicht genug „Freiwillige“ gibt? Muss man dann noch mehr bezahlen? (Ich glaube man braucht jedes Jahr an die 12000 Freiwillige.)
Welchen Vorteil hat die ganze Reform eigentlich?
Werden alles in allem das Bundesheer und der Zivildienst dadurch wirklich billiger?
Ich bezweifle das stark. Viel eher scheint es mir, als handle es sich hier um sozialdemokratische Romantik ohne Bezug zur Realität. Man jagt Utopien nach. 
Genauso wie bei der Diskussion um die Gesamtschule. Die Utopie heißt: Jedes Kind muss die Chance haben, Universitätsdoktor zu werden. Alles andere ist unsozial. Es ist egal was es kostet, oder ob die Leistungen dadurch nach unten angepasst werden. Der Zeitgeist verlangt es.
Es ist nicht so schlimm, wenn unsere Kinder am Ende alle dumm und ungebildet sind, aber Hauptsache, sie haben alle die gleichen Chancen.
Im Prinzip sind beide Themen den Populismus der Regierungsparteien zum Opfer gefallen. Beides sind linke Utopien und beide zeugen von wenig Realitätssinn.


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