Donnerstag, 20. März 2014

Die Krimkrise – eine babylonische Verwirrung

Im ORF vergleicht man die Unabhängigkeitsbestrebungen des Kosovos mit der Krim und es zeigt sich, dass – man höre und staune – sich die Meinung Straches mit der Meinung der Deutschen Kanzlerin deckt, was dem ORF Moderator Armin Wolf intellektuell zu schaffen machen müsste. Beide verwehren sich nämlich dagegen, diese zwei Fälle zu vergleichen. Aber das Meinungspanoptikum in Bezug auf die Ukraine ist allgemein sehr bizarr.


So schreiben sich die Femen voller stolz die Revolution der Ukraine auf ihre Fahnen. Das erklärt auch die vielen Christusikonen auf den Bühnen während der Protestveranstaltungen in Kiew. Die Femen sind ja bekannt dafür, besonders religiös und christlich zu sein.
Hingegen hat die Paradefeme vergangener Tage, Alice Schwarzer, durchaus Verständnis für das Vorgehen Putins, was zur Frage führt, ob sie Steuergeld vor dem deutschen Fiskus im Kreml versteckt? Peter Gauweiler (CDU) hält es ähnlich wie unser Christoph Leitl (ÖVP). Bloß niemanden vergrämen (Russland ist lieb und die Ukraine ist auch nett), denn Maßnahmen könnten zu wirtschaftlichen Einbußen führen. Irgendwie muss man doch das eigene Rückgrat loswerden, damit man sich besser zu seinem Vorteil verdrehen kann – situationselastisch nennt man das neuerdings. Die einen verlangen doch allen Ernstes, die Ukraine in der EU aufzunehmen (nach dem Motto, um einen Pleitestaat mehr oder weniger kommt es nicht mehr an) und die anderen (darunter auch die NEOS) wollten ja auch Russland in die EU aufnehmen. Damit haben die NEOs ihren geopolitischen Dilettantismus wohl unter Beweis gestellt. Das schafft ja nicht einmal Strache, der sich vollkommen einseitig auf die Seite Russlands schlägt.

Die Krimkrise hat die Aufmerksam der ganzen Welt auf sich gezogen. Währenddessen finden unbeachtet in den Hinterzimmern der Erde – also in Zentralafrika, in Syrien, in Nigeria und neuerdings wieder in Libyen - regelrechte Genozide statt. Doch kein Mensch kümmert sich darum. Dabei war es Frankreich und Großbritannien doch damals so wichtig, den Diktator Gaddafi zu beseitigen. Dass jetzt die libysche Regierung um Hilfe schreit, weil niemand mehr die Islamisten aufhält (wie es der beseitigte Diktator tat), hören Hollande und Cameron heute nicht mehr. Vor Putin scheinen sie irgendwie mehr Beißhemmung zu haben, als vor Gaddafi.
Es fragt sich, was diese mutigen Herren machen werden, wenn Putin bei der Krim nicht aufhört.

In der Krise um die Krim bzw. der gesamten Ukraine (und womöglich bald darüber hinaus) kann man nur davor warnen, sich auf eine Seite zu schlagen.

Man ist gut beraten, sowohl der Regierung der Ukraine, in der Faschisten sitzen, als auch dem Kreml mit einer gehörigen Portion Misstrauen und Vorsicht zu begegnen und sich von keiner Seite vereinnahmen zu lassen. Die Unschuld haben in diesem Konflikt schon längst alle verloren. Aber eines muss man zur Kenntnis nehmen: Die EU hat einmal mehr bewiesen, dass sie reagiert. Sie hätte schon vor Monaten bzw. Jahren Zeit gehabt, zu agieren und die Ukraine an sich zu ziehen (ohne an einen Beitritt zu denken), stattdessen agiert der Kreml und Europa reagiert und lässt sich von Putin vor politische Tatsachen stellen.

Dass Herr Schröder zu seinem Busenfreund Putin hält und die Hand nicht beißt, die ihn füttert, ist ja klar, woraufhin die Grünen gleich meinten, Schröder solle mit Redeverbot (Meinungsfreiheit bei den Grünen) belegt werden. Das kann in der Hitze des Gefechtes schon einmal passieren, meinte Frau Lunacek von den Grünen. Na hoffentlich ist sie bei den nächsten Ausrutschern der FPÖ auch so nachsichtig. Es wird ja nur in der Hitze des Gefechts gewesen sein.
Interessant ist, dass sich die Linken Deutschlands von Gregor Gysi bis Sarah Wagenknecht sehr schwer damit tun, sich von Putin abzugrenzen. Sind sie ihm etwas schuldig? Sie fühlen sich scheinbar von der ukrainischen Regierung, in der auch Faschisten sitzen, mehr bedroht, als vom russischen Riesen, der jederzeit bedrängte Russen in Europa befreien kann… Naja, Linke Urängste halt. Sahra Wagenknecht meint, der Westen habe kein Recht, die Verletzung des Völkerrechts durch Russland zu kritisieren.
In diesem Sinne ist die Meinungsübereinstimmung zwischen der rechten FPÖ und den Linken in Deutschland schon beeindruckend.
Ob diese (unterschiedlichen und verfeindeten) Parteien das auch wissen? Herr Strache meinte unlängst, dass ein Putsch und eine Revolution sowieso das Gleiche wären, was mich zu der Frage führt: War die Revolution 1848 (die für die FPÖ eine besondere Bedeutung hat) also ein Putsch? Oder ist es eine Revolution, wenn sie genehm ist, und ein Putsch, wenn es unangenehm ist?
Das ich das erleben würde, Strache und Wagenknecht Seite an Seite für Putin, den lupenreinen Demokraten, kämpfend, hätte ich mir auch nicht gedacht.

Ganz besonders delikat ist auch die Tatsache, dass sich sowohl die Linkspartei aus Deutschland, als auch die Rechten (Ewald Stadler und FPÖ) aus Österreich bemüßigt fühlten, auf die Krim zu reisen und als selbsternannte Wahlbeobachter zu fungieren, um Putin ein demokratisches Feigenblatt auszustellen.
Ich könnte mich nicht erinnert haben, so eine Groteske schon jemals erlebt zu haben.


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