Dienstag, 18. Mai 2010

Schönborn und die Moral des Glücks.

Der Wiener Kardinal Christoph Schönborn meinte unlängst, dass man beim Thema Homosexualität etwa stärker die Qualität einer Beziehung sehen sollte.
Ich frage mich, auf welche theologische Aussage in der Bibel im Hinblick auf die Homosexualität sich diese Forderung beruft? Wenn die Bibel das Ausleben der Homosexualität als Sünde definiert, muss man Schönborns Forderung folgendermaßen übersetzen: Wenn die Sünde aus der Homosexualität resultiert, dann muss man erst die Qualität dieser sündhaften Beziehung sehen, um zu einer Bewertung (wer hat das zu bewerten?) zu kommen. Das klingt doch etwas sonderbar. Auf Heterosexualität umgelegt bedeutet dies, dass ich meinen Partner ruhig betrügen kann (das ist auch eine Sünde), man müsse nur sehen, dass die neue Beziehung von guter Qualität ist. Genau das Gleiche müsse laut Schönborn auch für wiederverheiratete Geschiedene gelten. Ungachtet dessen, dass Jesus selbst die Unauflöslichkeit der Ehe unterstrich (Mt 5,32, Lk 16,18 , Mk 10,11 /12), fragt man sich, ob die Sünde kleiner wird, wenn wir sie verharmlosen. Ich kenne mich sicher zu wenig aus, aber mir kommt es so vor, als ob Kardinal Schönborn seinem Chef Jesus widersprechen will, bzw. seine Aussagen relativiert.
Schönborn meint, dass man zu einer „Moral des Glücks“ anstelle einer „Pflicht Moral“ kommen müsse. Wenn das Jesus auch gesagt hätte, dann wäre er wohl nicht unglücklich am Kreuz gestorben, sondern hätte es sich irgendwo in der jüdischen Elite bequem gemacht.
Aber Jesus war tatsächlich so, dass er es als seine Pflicht ansah, dem Vater gehorsam zu bleiben, und dafür auf sein eigenes Glück zu verzichten.
Was ist eine Moral des Glücks? Wenn etwas dem Glücksempfinden dient, ist es automatisch moralisch? Ist die Befriedigung des Triebhaften nicht auch eine Art von Glück? Kann man damit nicht alles zum moralisch Vertretbaren verdrehen?
Was ist eigentlich Moral? Ist es Richtwerte, die die Kirche erfunden hat, um Menschen klein zu halten? Richtwerte, von denen die Kirche wusste, dass die Menschen sie kaum einhalten können? Nein. Vielmehr ist ohne Moral überhaupt kein gesellschaftliches Zusammenleben möglich. Ohne Moral herrscht Anarchie. Ohne Moral gibt es nur mehr ein Gesetz, nämlich das Gesetz des Stärkeren. Ohne Moral gibt es weder Solidarität, noch Rücksichtnahme oder Hilfsbereitschaft. Die christliche Nächstenliebe ist ein zutiefst moralischer Akt. Moral ist die Fähigkeit, füreinander Verantwortung zu übernehmen. So ist eine Familie undenkbar ohne Moral, denn eine Familie ist der Ort, wo Menschen freiwillig füreinander Verantwortung übernehmen. Indem ich das Zerstören der Familie durch Scheidung nicht als Sünde definiere, zerstöre ich auch die Moral, die die Familie zusammenhält. Es ist nicht mehr so schwerwiegend, eine Familie zu zerstören, wenn es mir nachher besser geht (Moral des Glücks). Doch wie geht es der Familie? Hat diese auch ein Recht auf Glück?
Auch ich weiß wie schwer dies zu leben ist und auch ich habe mich schon oft gegen Gott und meine Familie schwer versündigt. Aber da die Sünde keine Erfindung des Menschen (oder der Kirche) ist, sondern das Zuwiderhandeln gegen die Liebe Gottes bedeutet, hat es keinen Sinn, diese zu verniedlichen.
Darum glaube ich, dass Kardinal Schönborn vor lauter Angst, dass weitere Kirchenaustritte folgen könnten, dem Zeitgeist Tribut zollt, anstatt der Welt zu erklären, warum die Moral so wichtig ist.

2 Kommentare:

  1. Lieber Grübler,
    was in diesem Beitrag veranstaltet wird, hat wohl nichts mit Grübeln, eher mit Dahinschwadronieren zu tun, Verzeihung, aber gerade zu Pfingsten wollen wir "Geist" erleben...

    1. Homosexualität:
    Es sei behauptet, dass es keine theologisch haltbare Verdammung der Homosexualität in der Heiligen Schrift gibt - sondern der Unzucht und der Wollust... Das betrifft somit Homos und (!)natürlich Heteros, klarerweise auch Singles, sprich jeden Menschen.

    2. Moral des Glücks:
    Ohne die Aussagen Schönborns im Detail zu kennen (Quellenangabe?) meine ich Christoph Kardinal Schönborn soweit zu verstehen, dass er einer "Verniedlichung" niemals das Wort reden würde. Ich sehe es als Glück, dem Geist (also auch der Moral) der Heiligen Schrift zu folgen, das wäre dann meine "Moral des Glücks" und vermutlich auch die des Kardinals.

    3. Kirchenaustritte:
    Unser Kardinal mag besorgt, aber nicht "angsterfüllt" sein. Gerade er hat in den letzten 10 Jahren bewiesen, zur Erneuerung durch verschiedenste Gemeinschaften und katholische Initiativen zu stehen, nach dem Grundsatz, lieber eine Erneuerung von der Wurzel her, als eine "Masse von Gläubigen".

    4. Wie u.a. auf zeitzubeten.org im Forum "Religiosität öffentlich" nachzulesen ist, zeichnet sich unser Kardinal durch mutiges Auftreten auf, wenn er in konkreten Fragen auf Konfrontationskurs mit dem Vatikan geht (Stichwort Kardinal Sodano).

    Ffffh, aber das musste an dieser Stelle gesagt werden.
    lg und Gottes Segen.

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  2. Zu 1:
    Homosexualität wird aber unter anderem in Paulus erwähnt. Ansonsten ist deine Feststellung nicht falsch.
    Zu2.
    Dann empfehle ich den Quellen auf die Spur zu kommen. Das ist in diesem Fall nicht schwer. So wie er das gesagt hat, ist es sogar eindeutig eine Verniedlichung. Eventuell empfehle ich nachzulesen: http://www.kath.net

    Zu 3:
    Irgendwie verstehe ich die Aussage dieses Punktes nicht ganz. Kardinal ist (meiner Meinung) ein wunderbarer Herzensmensch. In diesem Sinne kann er durchaus als Vorbild herangezogen werden. Er ist unbestrittener Weise ein sehr liebenswürdiger und liebenswerter Mensch. Was er aber weniger ist, ist eine Führungsfigur. Er dreht sich mit dem Wind. Je nachdem mit wem er das Gespräch führt, fällt die Antwort konservativ oder progressiv aus. Das ist etwas, was an ihm zu kritisieren ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob er ein sympathischer Mensch ist.
    Zu 4:
    Ich erlebe genau das Gegenteil.

    Ffffh, ebenfalls Gottes Segen.
    Ich hoffe dir ist jetzt leichter ;-)

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