In der Akademie der bildenden Künste wurde am 11. Dezember in Wien eine Rede des norwegischen Attentäters Anders Behring Breivik auf der Bühne verlesen. Breivik hatte im Juli 2011 77 Menschen getötet. (Quelle: ORF)
Was könnte der Sinn dieser Lesung sein?
Dazu muss man erwähnen, dass Breiviks Gedanken während der Gerichtsverhandlungen absichtlich nicht veröffentlicht wurden, weil man ihm den Gefallen einer möglichen Publicitybühne nicht machen wollte. Jetzt wird – unter dem Deckmantel der Kunst – genau das doch getan. Man meint, weil eine deutsch-türkische Frau das Manifest verliest oder weil versucht wird, die Gedankenwelt des Textes von der Person Breiviks zu trennen (was die wahrscheinlichen Gründe dafür sind, schreibe ich weiter unten), ist es moralisch gerechtfertigt, den Text zu veröffentlichen. Warum?
Zum Gedenken kann es wohl nicht sein, denn für einen Angehörigen eines Opfers muss es nach wie vor eine Zumutung sein, einen solchen Text kommentarlos zu hören. Da spielt es auch keine Rolle, wenn der Text monoton und von einer Frau mit Migrationshintergrund verlesen wird. Es müsste auch in Schweden und nicht in Österreich stattfinden. Vielmehr befriedigt es einen gewissen Voyeurismus – eine Lust, sich an pervertierte Lebensanschauungen zu ergötzen. Somit werden die Opfer eher verhöhnt, als das man mit ihrem Leid Solidarität zeigt.
Es könnte natürlich auch sein, dass man die Gedankenwelt Breiviks verstehen will, um Menschen, die eventuell ähnliche Gedanken haben, zu erkennen.
Eigenartig, die NSA hört so gut wie alles ab, aber erkennt einen Massenmörder nicht. Die Polizei erkennt sie nicht, obwohl sie schon lange dazu angehalten ist, gegenüber faschistischen Strömungen sensibel zu sein, aber ausgerechnet die Zivilbevölkerung, die kaum Kontakt zu diesem Einzeltäter hatte, soll in Zukunft erkennen, dass Gefahr droht. Bei jedem Attentat oder Amoklauf weltweit sind verwunderte Nachbarn zu hören, die das niemals für möglich gehalten hätten. Die Rede hat Breivik nicht vor seinem Attentat gehalten, sondern nachher. Warum sollen dann die Menschen durch diese Rede erkennen können, was der Attentäter auf jeden Fall verheimlichen wollte? Das ist absolut unlogisch. Das kann also auch nicht der Grund dafür sein.
Ist es eigentlich die Pflicht eines verantwortungsvollen Menschen, die Gedankenwelt der pervertierten Ideologie eines Menschenhassers zu ergründen? Muss wirklich jeder Mensch das Buch „Mein Kampf“ von A. Hitler gelesen haben, um zu verstehen, dass seine Rassenideologie pervers war? Wohl kaum. Es ist also gar nicht die Aufgabe der Zivilgesellschaft, zu verstehen, was in solchen kranken Hirnen (oder vielmehr kranken Herzen) vor sich geht. Es gibt hier nichts zu verstehen.
Was also ist der wahre Grund dieser Lesung?
Indem man versucht den Text von der Person Breiviks zu trennen, soll es den Zuhörern leichter gemacht werden, den Text anderen Personenkreisen umzuhängen. Es soll gezeigt werden, dass jegliche Islamkritik, Migrationskritik oder Kritik an der Einwanderungspolitik Europas zu solchen abscheulichen Taten führt. Es sollen alle Rechtsparteien oder Parteien mit islamkritischer Haltung als Aufbereitungsfeld für Massenmörder offenkundig werden.
Da sich (soweit ich weiß) alle Parteien von dieser abscheulichen Tat distanziert haben, muss künstlich der Kontext zwischen Rechtsparteien-Islamkritik und faschistischer Gewalt hergestellt werden.
Damit missbraucht aber der Veranstalter nicht nur die Opfer des Attentats für seine politischen Ziele, sondern er erweist seinen Zielen auch einen Bärendienst. Denn er treibt jegliche Kritiker der Einwanderungspolitik und des Islam, die gar nichts mit rechtsnationalem Gedankengut, Rassismus und Faschismus zu tun haben wollen, genau jenen in die Arme, die die Islamkritik als Populismus nutzen. Wenn wir es nicht schaffen, uns den Themen Islam und Einwanderung mit all seinen Problemen objektiv und ohne (ideologische) Scheuklappen zu stellen - ohne Angst davor zu haben, ins rechte Eck gestellt zu werden – dann züchten wir uns neue Breiviks heran. Also dient diese Veranstaltung der Lesung keineswegs einer Verhinderung zukünftiger Probleme, sondern der Aufrechterhaltung ideologischer Gräben und der Denunzierung jener Menschen, die einen Verlust der Demokratie durch die Ausbreitung des Islam in Europa befürchten. Neueste Umfragen werden nämlich auf dieser Lesung nicht angesprochen:
Muslime sind fundamentalistischer eingestellt als Christen. Und Österreichs Muslime sind besonders streng. Das sind zwei Ergebnisse einer Studie, die Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) kürzlich publizierte. (Quelle: diePresse)
Mit anderen Worten: Mit solchen Veranstaltungen werden die Probleme größer, weil sie den Blick auf die Wahrheit verstellen.
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