Freitag, 13. Mai 2011

Was die Krise der Kirche mit der Krise Europas gemeinsam hat

Österreichs Erzbischof Christoph Schönborn veröffentlichte letzte Woche seinen Hirtenbrief zum Thema Umstrukturierung der Kirche Österreichs. Eine Antwort auf Kirchenaustritte und Priestermangel. Er reagiert damit auf das Ende der Volkskirche und auf auseinanderbrechende Kirchenstrukturen. Er begegnet dieser Herausforderung auf sehr konstruktive Weise und passt die Strukturen den Gegebenheiten an, sodass die Kirche leichter handlungsfähig wird und mehr Chancen hat, innerlich gestärkt zu werden. Schönborn sieht in der Krise auch die Chance, die sich bietet. Das finde ich sehr lobenswert und ich kann jedem Katholiken Österreichs nur empfehlen, diesen Hirtenbrief auch ernst zu nehmen.
 
In letzter Zeit zeigen sich gehäuft „Auflösungserscheinungen“ in der Europäischen Union.
Es hat verschiedene Gründe, warum die Grenzkontrollen in Schengen-Europa eine Renaissance erleben. Ein sichtbares Zeichen dafür, dass sich die einzelnen Regierungen nicht mehr vertrauen. Gaddafi macht seine Drohung wahr und benutzt Flüchtlinge als Waffe gegen Europa. Gleichzeitig nutzen tausende Menschen aus Afrika die Chance, nach Europa zu kommen, um hier ihr Glück zu versuchen. Die Mitgliedsstaaten der EU trauen sich gegenseitig nicht mehr zu, die Grenzen ausreichend zu sichern. Die damit überbordende Kriminalität in Europa tut das ihre, die Vorteile von Schengen zu relativieren.  Die EU ist zu groß geworden. Die Rechtsparteien treiben die Regierungen vor sich her. Obwohl die Rechtsparteien noch gar nicht wirklich an der Macht sind, bleibt den (wirtschafts)liberalen und sozialistischen Regierungen nichts anderes übrig, als dem Druck von unten (von rechts) nachzugeben. Die Bedrohung Europas ist so groß geworden, dass die Freiheit und Solidarität innerhalb Europas den Europäern zweitrangig erscheint.
Die Bedrohung, einerseits von Afrika überschwemmt zu werden, und andererseits die Bedrohung durch das Finanzdesaster einiger EU Länder, lassen den Glauben an ein offenes, gemeinsames Europa bei den Völkern schwinden. Die Nutznießer sind die Rechtsparteien. Es wird nichts nützen sie zu verteufeln. Die Menschen haben vor der EU selbst schon längst mehr Angst als vor so genannten „Rechtspopulisten.“ Die Wiedereinführung der Grenzkontrollen zeigt, dass die EU nicht krisenfest ist. Genauso wie der Fall Griechenland zeigt, dass die EU keinen Lösungsansatz in der Hand hat, außer selber die Schulden zu übernehmen. Dabei könnte es eine Lösung geben, wenn Europa bereit wäre, einen Schritt zurück zu machen. Nicht Griechenland, sondern Deutschland müsste aus der Euro-Währung aussteigen und eine neue Hartwährung nach eigenem Geschmack und Bedingungen gründen. Diese Euromark würde sofort alle Hartwährungsländer, die es sich leisten könnten (also Finnland, Schweden, Niederlande, Dänemark, Österreich, Slowenien etc.) anziehen. Die übrigen EU Länder könnten endlich abwerten, hätten aber trotzdem die Vorteile eines gemeinsamen Marktes bzw. den Vorteil einer Zollunion, und wenn sie schließlich die Kriterien schaffen und das Vertrauen wieder erlangen, steht die Türe ja offen. Jedoch wird dieses Mal kein Schummeln mehr möglich sein. Das Geheimnis der Rettung der EU läge also in einer Verkleinerung (anstatt einer Erweiterung). Die Strukturen so zu verändern, dass wieder ein Zusammenhalt hergestellt werden kann, würde einen Neubeginn schaffen.
 
Erzbischof Schönborn hat (hoffentlich) rechtzeitig erkannt, dass er die Strukturen einer schrumpfenden Kirche ändern muss, damit sie wieder Zusammenhalt bekommt.
Die Führung der EU hat diesen Prozess noch nicht einmal angedacht.
Das lässt mich für die Kirche Österreichs hoffen.
Wenn die EU ihr Denken nicht bald ändert, wird es zu spät sein.
Nicht die Rechtsparteien zerstören die EU. Sie zerstört sich selbst weil sie nicht umdenkt.
 

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