Dienstag, 12. Februar 2013

Papst Benedikt, der Revolutionär



Papst Benedikt XVI  bricht mit der Tradition und stößt damit die ganze Welt vor den Kopf. Er kündigt mit einer simplen Erklärung, die eigentlich kein Hinterfragen bedarf, seinen Rücktritt an. Umso erstaunlicher, was von sogenannter „kircheninterner“ Seite alles in seine Worte hinein intepretiert wird.  
Ein Auszug der Papstworte im Wortlaut:
 Ich bin mir sehr bewusst, dass dieser Dienst wegen seines geistlichen Wesens nicht nur durch Taten und Worte ausgeübt werden darf, sondern nicht weniger durch Leiden und durch Gebet. Aber die Welt, die sich so schnell verändert, wird heute durch Fragen, die für das Leben des Glaubens von großer Bedeutung sind, hin- und hergeworfen. Um trotzdem das Schifflein Petri zu steuern und das Evangelium zu verkünden, ist sowohl die Kraft des Körpers als auch die Kraft des Geistes notwendig, eine Kraft, die in den vergangenen Monaten in mir derart abgenommen hat, dass ich mein Unvermögen erkennen muss, den mir anvertrauten Dienst weiter gut auszuführen.“
In diese Worte interpretiert Helmut Schüller (Gründer der Pfarrerinitiative), dass hier ein Kirchenputsch dunkler Kardinäle vonstatten geht, die Benedikt zwingen, das zu sagen.
Von Hubert Feichtlbauer (von „Wir sind Kirche“) hatte man in der gestrigen Diskussionsrunde des ORF den Eindruck, er habe Angst auch nur irgendeinen postiven Satz über diesen Papst zu verlieren. Man könnte meinen, Papst Benedikt habe alles, was man nur falsch machen kann, falsch gemacht. Feichtlbauer warf Papst Benedikt in Sachen Ökumene folgendes vor: „ Nur umarmen - nur begegnen - nur beten - das reicht nicht“.
Wenn eine Umarmung, eine Begegnung  und das Gebet nicht mehr reichen, ja, dann benötigen wir aber auch keinen Manager und keinen Reformer. Denn wenn Gott bei den Reformen, die Feichtlbauer so hart erkämpfen will, nicht dabei ist, dann brauchen wir sie nicht. 
Ich würde meinen, dieses Statement lässt schon tief in die Abgründe seines Herzens blicken.

Fast schon lustig, die Feststellung, der Papst sei ein guter Theologe, aber ein schlechter Politiker. Denn dieser Vorwurf ist meines Erachtens eine Auszeichnung. Obwohl ich sehr wohl finde, dass Benedikt ein guter Diplomat war, der wusste, wie er sein Gegenüber einzuschätzen hatte. Seine Reden in London und Berlin waren so brillant und schlau, dass sie entweder die Kritiker verstummen ließen, weil sie von seiner Rede so angetan waren, oder sie ihr intellektuell nicht folgen konnten. Einerseits wirft man ihm vor, ein schlechter Politiker und Manager zu sein, andererseits wirft man ihm vor, mit dunklen Intrigen, die er in den stillen Kämmern des Vatikans erspinnt, die Kirche zu steuern. Meine Beobachtung ist folgende: Ja, Benedikt war (ist) ein schlechter Politiker. Es geht ihm nicht um Machteinfluss und seinen persönlichen Profit (darum kann er sich ja auch so „leicht“ von diesem Amt trennen), sondern es geht ihm um den Kern des christlichen Glaubens an Christus. Es geht ihm um die Hingabe an Jesus. Das ist auch der Zweck seiner Bücher, der Sinn des „Jahr des Glaubens“, das er ausgerufen hat, und der Sinn seiner Reisen gewesen.
Der Vorwurf den die Welt ihm macht, dass er kein Reformer war, stimmt. Doch die Reformen betreffen alle diesen Kern nicht. Zuerst muss man stabil im Glauben stehen, bevor man sich verändern kann. Es wurde auch, und das ist besonders erwähnenswert, in den gestrigen Dokumentationen über Papst Benedikt XVI  (Kreuz und Quer) deutlich, wie Ratzinger zum konservativen Hardliner wurde. In den 60er Jahren galt er nämlich als Reformer. Er wirkte beim Zweiten Vatikanischen Konzil mit. Doch erst die anarchisch-brutalen und destruktiven Auswüchse der 68er Studentenrevolten öffneten ihm die Augen, was für Kräfte sich hinter der Maske der Freiheit, Liberalität und Anarchie versteckten. Wer also dem Papst vorwirft, allzu konservativ zu sein, der sollte bedenken, wie er zu solch einer konservativen Einstellung kam.
Sein Rücktritt zeigt folgendes:
Auf seine Art und Weise ist Benedikt sehr wohl er Revolutionär. Er bricht mit einer Jahrhunderte alte Tradition und tritt zurück.
Er weiß, wann etwas seine Möglichkeiten übersteigt und hat den Mut und die Ehrlichkeit, dies auch zuzugeben.
Ich frage mich, ob dieser Schritt nicht sogar richtungsweisend für die Zukunft ist. Kann ein Papst jenseits der 80 wirklich noch einer Kirche zukunftsweisend eine Richtung geben?
Wäre es nicht klüger, dem Papstamt eine Frist zu setzen (sagen wir 15 oder 20 Jahre)?
Für Papst Benedikt war das Hirtenamt ein Kreuz. Das sieht man ihm an, auch wenn er das nie wollte. Dieses Amt kostet mit Sicherheit enorm viel Lebenskraft und Energie. Die Bescheidenheit, mit der Bendedikt dieses Amt ausfüllte, macht ihn sehr glaubwürdig. So viele Fehler konnte er gar nicht machen, dass es seine Glaubwürdigkeit untergraben würde. Egal, wie sehr die ORF Diskussionen und andere Medien in seinen Fehlern wühlen. Benedikt war bei Weitem nicht der schlechteste Papst und dafür könnte man neben aller Kritik auch dankbar sein. Denn Dankbarkeit ist auch eine christliche Tugend.

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