Mittwoch, 11. November 2009

Sind Studiengebühren eine Frechheit, oder ist der freie Unizugang naiv?

Seit der Besetzung des „Audio Maximus“, den Haupthörsaal der Universität Wien, sind Studiengebühren und der freie Universitätszugang wieder öffentliches Diskussionsthema geworden. Sind die Proteste der Studenten berechtigt? Um diese Frage möglichst objektiv zu beantworten sollte man sich mit diesem Thema abseits von verkürzten Phrasen beschäftigen.

Jeder Bürger hat ein Recht auf Bildung. Wer nicht will, dass nur privilegierte Bevölkerungsschichten studieren können, muss für einen freien Universitätszugang sein. Denn wenn es sich nur wohlhabende Menschen leisten können, einen Studienlehrgang zu besuchen, so stellt dies den Beginn einer Standesgesellschaft dar. Nicht selten sind es ja die Eltern der Studenten, die das Studium finanzieren.

Das Recht auf Bildung bedeutet aber nicht, dass alle Menschen studieren müssen. und es bedeutet schon gar nicht, dass alle die Möglichkeit erhalten müssen, das Gleiche zu studieren. Die Bildung muss sich am Bedarf der Gesellschaft und Wirtschaft orientieren, wenn diese für die Bildung zahlen soll. Wenn die Hörsäle aber dermaßen überfüllt sind, obwohl die demographische Entwicklung rückläufig ist, so ist das ein Zeichen dafür, dass viele Studenten nur wenige Fächer belegen. Die Situation bei Jungärzten sieht schon seit Jahren so aus, dass sie sehr lange Wartezeiten auf eine Stelle, in der sie ihren Beruf ausüben können in kauf nehmen müssen. Der Bedarf ist also viel kleiner als das Angebot an Studenten. Es steht nirgends geschrieben, dass die Gesellschaft solche Missstände blind finanzieren muss.

Es ist bekannt, dass es für sozial schwache Gesellschaftsschichten viel schwerer ist ein höheres Bildungsniveau zu erreichen, als sozial gut gestellte Bevölkerungsschichten. Durch Studiengebühren werden diese sozial schwachen Menschen künstlich von der Bildung fern gehalten. Damit sind Studiengebühren sozial ungerecht.

Bildung kostet nun einmal etwas. Selbstverständlich zahlen die Menschen für Kindergarten, Schulprojektwochen, bis hin zu Fachhochschulen, oder auch für den zweiten Bildungsweg. In Österreich gibt es die Schulpflicht, weshalb auch die Pflichtschule gratis ist. Da es aber keine „Studierpflicht“ gibt, muss die Möglichkeit zu studieren nicht zwangsläufig gratis sein. Auch mit Studiengebühren kann man schnelle Studenten mittels Rückerstattung de Studiengebühren belohnen, oder die zukünftigen Gebühren können sich an den Leistungen des Studenten orientieren. Ziel muss es jedenfalls sein, möglichst schnell zu einem Studienabschluss zu kommen. Wenn sich die Studierzeit verkürzt, können auch mehr Studenten aufgenommen werden. Doch die Zahl der Studenten und die Wahl der Fächer sollte nie am Bedarf der Gesellschaft vorbei gehen. Leider ist dies aber im Moment schon so.

Die letzten Jahre waren vom Wirtschaftswachstum geprägt, doch an den Universitäten wurde dieses Wachstum kaum spürbar. Warum kann sich der Staat nach diesem Wirtschaftswachstum keinen freien Universitätszugang mehr leisten, den er sich zuvor schon geleistet hat? Heute sind viele Universitäten zu klein und sanierungsbedürftig, obwohl eine Zeit der Konjunktur hinter uns liegt?

Wenn man unsere Universitäten mit den berühmten amerikanischen Universitäten vergleicht, fällt folgender Unterschied auf. In Österreich gibt es eine große Zahl an Studienanfängern. Die meisten beschränken sich auf relativ wenige Fächer, was zu überfüllten Hörsälen führt.

Die Studiendauer in Österreich ist relativ lange, und die Zahl der Studienabbrecher ist relativ hoch. Die Zahl derer, die ein Studium erfolgreich abschließen, ist im Vergleich zu der Zahl jener, die das Studium beginnen sehr klein. Dies bedeutet, dass das Studium sehr ineffizient sein muss. In Amerika, wo es ebenfalls Studiengebühren gibt, gibt es zwar nur wenige Studierende, doch diese gelangen sehr effizient an ihr Ziel. die „Drop- Out Quote“ ist in Amerika, im Gegensatz zu uns, sehr gering. Die Investitionen in ein ineffizientes System wirken sich nur marginal aus. Nur in einem effizienten System bleibt der Investitionswert erhalten. Wenn sich die Massen an Studenten auf wenige Fächer beschränken, so absorbieren sie die Wirkung der Investitionen. Das verleitet einen Investor aber nicht gerade dazu, mehr zu investieren. Der Investor der Universitäten ist aber hauptsächlich der Steuerzahler. Die Bereitschaft, mehr in die Universitäten zu investieren würde steigen, wenn sich die Effizienz der Studien auch steigern würde.

Als die Banken durch die Wirtschaftskrise drohten zusammen zu brechen, zögerte die Regierung keinen Augenblick, um die Summen für die Sicherung der Banken bereit zu stellen. Warum ist für die Banken Geld vorhanden, welches für die Universitäten fehlt? Die Universitäten sind ebenso wie die Banken eine Maßnahme zur Zukunftssicherung.

Auch die Banken müssen ihre in Anspruch genommene Staatshaftung zurückzahlen. Außerdem ist auch das Geld für die Banken nicht einfach vorhanden, sondern vom Steuerzahler geliehen. Auch wenn die Frage, ob die staatliche Bankenrettung gerechtfertigt war, berechtig ist, so ist sie doch nicht mit der Universitätsfinanzierung vergleichbar. Eine Universität muss dem Staat nämlich nichts zurückzahlen. Eine Bank hingegen muss das schon. Der Grund, warum den Bankensektor geholfen wurde, war nicht, weil diese ein struktuelles Problem gehabt hätten, sondern es war eine Krisenmaßnahme. Wenn beispielsweise eine Universität brennen würde, so würde der Staat auch selbstverständlich eine neue Universität bauen. Wenn aber eine Institution, egal ob Bank oder Universität ineffizient arbeitet, so ist es nicht die Aufgabe des Staates diese Ineffizienz zu subventionieren.

Studenten, die Studiengebühren zu entrichten haben, befinden sich in einer „Zwickmühle.“ Einerseits müssen sie, wenn sie weder ein Stipendium, noch einen Sponsor haben, Geld verdienen, um ihr Studium zu finanzieren. Genau das ist aber der Grund, warum sie mit ihrem Studium nicht weiterkommen. So geraten viele Studenten in einen „Teufelskreis.“ Studiengebühren helfen also mit, das System ineffizient zu machen.

Über die Höhe, und die soziale Verträglichkeit der Studiengebühren kann man ja noch diskutieren. Natürlich ist es illusorisch, dass eine Universität zum wirtschaftlichen „Selbstläufer“ wird, doch ist auch die Annahme, dass der Staat ständig mehr in die Universitäten investiert, ohne auf den „Output“ zu achten, ebenfalls eine Fehleinschätzung.

Hinzu kommt noch, dass gut ein Drittel an österreichs Universitäten, deutscher Herkunft ist. Das ist einfach ein Umstand, den der österreichische Steuerzahler nicht mehr ignorieren kann.

Ich selbst wurde „Ohrenzeuge“, als eine deutsche Studentin im österreichischen Radio zu einer Anruferin, die diesen Umstand beklagte, eine Rassistin nannte.

Es ist also nicht so, dass ich die Anliegen der Studenten prinzipiell ablehnen würde, aber ich habe den Eindruck, dass es vielen Studenten einfach auch an Realismus fehlt.

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