Mittwoch, 20. Juli 2011

Die Stimme des neuen Präsidenten von Österreichs Muslimen

Fuat Sanac, der neue Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft, machte in einem Standard Interview Aussagen, die tief blicken lassen. Schon der Beginn ist erheiternd:

Die Menschen mögen mich. Weil ich die Menschen mag. Wenn Sie alle Menschen lieben, dann haben Sie kein Problem mehr. Manchmal gibt es Ausnahmen - wenn zum Beispiel ein Journalist über mich etwas Unwahres schreibt. Dann denke ich: Vielleicht habe ich über ihn schlecht gedacht, und die Harmonie ist deswegen gebrochen. 
derStandard.at: Können Sie ein Beispiel nennen?
Sanaç: Nein, sonst fühlt sich jemand gekränkt.
Also entweder hat ihm jemand Unrecht getan, dann darf - ja, sollte er sogar den Namen nennen (und die Türken sind ja bekannt dafür, dass sie nicht zimperlich sind, wenn es um Anschuldigungen geht), oder er ist es selbst, der irgendjemanden irgendwas beschuldigt, um schon von vornherein in eine Opferrolle zu kommen. Seit wann haben Türken Angst davor, jemanden zu kränken, wenn man ihnen Unrecht tut? Immerhin beschuldigt er jemanden, die Unwahrheit über ihn zu sagen.

Über seine Definition einer Absoluten Mehrheit, mit der er gewählt wurde, lässt sich ebenfalls streiten. Von ca. 500 000 Muslimen haben sich ca. 20 400 an der Wahl beteiligt. Das sind weniger als 5%. Darauf angesprochen erklärt Sanac:

Sanaç: Von manchen Familien hat sich nur eine Person angemeldet, die für die ganze Familie gestimmt hat. Die haben gesagt: Warum sollen alle bezahlen? Einer reicht.

Von den Türken kann man also was in Sachen Demokratie lernen.
Es reicht ja auch wenn einer arbeitet. Der Rest läuft unter dem Begriff „Familiennachzug“ und bezieht Familienbeihilfe. Aber das ist ja ein anderes Thema.

Einmal aber, und das möchte ich positiv herausstreichen, sagt er auch etwas Selbstkritisches:

derStandard.at: Ohne Religion zu leben, heißt nicht, unter Zwang ohne Religion zu leben. Viele Menschen leben unter Zwang mit Religion. 
Sanaç: Ja, auch das ist falsch im Islam.
Zum Thema Schwimmunterricht mit Mädchen sagt er Folgendes:

Sanaç: Das Problem gibt es nicht. Das ist total unrealistisch. Außerdem: Es geht nicht ums Schwimmen, sondern ums Sich-Entblößen. Das ist die Vorschrift. Wenn das Mädchen sagt, es zieht einen Ganzkörperanzug an, dann geht es. Und das sollen die Freunde akzeptieren, wenn sie wirklich wahre Freunde sind.

Also erstens bin ich wirklich beglückt, dass er bestimmt, womit wir keine Probleme haben, und zweitens bezeichne ich es wirklich als eine Pornographisierung (eine Reduzierung auf die Geschlechtlichkeit) der Frauen, wenn man von einer „Sich-Entblößung“ spricht, sobald sie einen (hierzulande gebräuchlichen) Badeanzug  trägt.
Das Argument mit den Freunden, die aus Toleranz den Ganzkörperbadeanzug ertragen müssen, kann man auch ganz leicht umdrehen. Aus hygienischen Gründen wäre auch für religiöse Menschen geboten, sich an die Kleidervorschriften zu halten - im Namen der Freundschaft. Aber dieses Problem gibt es ja nicht.

In der Frage, wie weit man den Koran auslegen kann und inwiefern man ihn wörtlich nehmen muss, sagt der Präsident der islamischen Glaubensgemeinschaft:

Sanaç: Es gibt Dinge, die man nicht auslegen kann. Das ist wie beim Schweinefleisch. Da gibt es keine Auslegung, das ist Vorschrift. Du darfst nicht lügen - auch eine Vorschrift. Aber es gibt Ausnahmen. Wenn ich in Lebensgefahr bin, darf ich sogar Schweinefleisch essen.

Ich habe gehört, es gibt auch Ausnahmen, in denen der Moslem lügen darf. Zum Beispiel dann, wenn es dem Islam nützt. Man nennt diese „Guten Lügen“ Takiya.

Ganz schlimm finde ich aber, und dafür müsste er sich eigentlich öffentlich rechtfertigen, dass er die Bewegung Milli Görüş verharmlost und so tut, als gäbe es dazu nichts zu sagen. Zu behaupten, man habe damit nichts zu tun, ist zu wenig. Schließlich muss man sich ja auch vom Rechtsnationalen Gedankengut ausreichend distanzieren, um politisch aktiv zu werden. Warum also genügt es, dass der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft nur sagt, dass er nichts mit Milli Görüs Bewegung zu tun hat? Schließlich hat Milli Gör hat in einem Interview Juden als Bakterien bezeichnet. Da nützt es auch nichts, dass der Präsident meint, er habe nie etwas mit Politik zu tun gehabt. Immerhin verkehrt er jetzt mit der österreichischen Innenpolitik. Allein für diese Aussage, er wäre ein unpolitischer Mensch, müsste er eigentlich als untauglich für diesen Job betrachtet werden.

Sanaç: Seit meiner Jugendzeit weiß ich, dass ich mit Politik nichts zu tun haben will. 

Ich würde sagen, der Mann ist eine absolute Fehlbesetzung.

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