Samstag, 26. Mai 2012

Thilo Sarrazin - der Stein des Anstoßes


Wieder einmal ist das offizielle Deutschland empört über politisch nicht korrekte Aussagen von Sarrazin. Dabei ist es erstaunlich, dass sich kaum ein Kritiker die Mühe macht, die Argumente Thilo Sarrazins zu widerlegen. Den meisten reicht es vollkommen aus, Hasstiraden und wüste Beschimpfungen über diesen Mann auszuschütten. Die Vorwürfe reichen von "wenig lösungsorientiert" und "rechts", bis "niedrige Instinkte bedienend" und "antisemitisch". Auch die Kommentare der Zeitungen hinterlassen ein ambivalentes Gefühl beim Leser.


In den Kommentaren werden seine Warnungen und Thesen zerrissen und man empört sich über seine politisch untragbaren Sichtweisen. In den Wirtschaftsteilen jedoch wird ihm recht gegeben und selbst  Peer Steinbrück kommt nicht umhin, ihm ökonomischen Sachverstand zuzugestehen.

Sarrazin wird - genauso wie H.C. Strache in Österreich - unterstellt, mit Ängsten und niederen Instinkten sowie mit den Phobien der Menschen zu spielen. Doch gerade Sarrazin ist doch ein Typus, der Zahlen nicht interpretiert, sondern verwendet, um seine Thesen zu belegen.
Hingegen frage ich mich, ob nicht das ganze offizielle Deutschland (und ganz Europa) nicht etwas in Europa/den Euro/die EU hineininterpretieren, das nie da war?

Was ist eigentlich Reales dran am vielbeschworenen „Friedensprojekt Europa“?
Sind diese Begriffe letztlich nichts anderes als Träumerei, mit der die Bevölkerung bei der Stange gehalten wird, um weiter zu zahlen? Die These Sarrazins, dass sich Deutschland aufgrund seiner Geschichte nicht mehr traut, rechte Positionen zu vertreten, und glaubt, der Geldausgabeautomat Europas zur Wiedergutmachung sein zu müssen, bestätigt sich schon in der nüchternen Erkenntnis, dass es im Deutschen Bundestag keine Rechtspartei, dafür aber mehrere Linksparteien gibt. Deutschland leidet schon lange unter einer politischen Schieflage.

Einerseits schafft es kaum jemand, Sarrazins Thesen glaubwürdig und faktisch zu widerlegen, und gleichzeitig ist die mediale Empörung der politischen Elite so aufdringlich, dass sie Sarrazin eher bestätigt als Lügen straft. Wie in „Des Kaisers neue Kleider“ dürfte Sarrazin herausgerufen haben, dass der Kaiser (der Euro) nackt ist.
Nüchtern betrachtet, hat Sarrazin auf beeindruckend simple Art und Weise recht (diese Einfachheit ist für Politikerexperten, die seit Jahren keine Lösung finden, natürlich peinlich, was ihre Empörung zusätzlich erklärt). Wenn ein Land (allen voran Deutschland) die dementsprechende Wirtschaftsleistung, Produktivität und Finanzkraft aufweist, ist es egal, welche Währung es hat. Die Währung richtet sich nach diesen Kriterien und nicht umgekehrt.
Mit anderen Worten; Der Euro braucht (zur Zeit) Deutschland, aber Deutschland braucht den Euro nicht. Umgekehrt heißt das, solange die Griechen unproduktiv, teuer und uneffizient sind, ist es egal, welche Währung sie haben - es wird immer eine schwache Währung sein.

Steinbrücks Vorwurf lautet unter anderem, dass Sarrazin die Solidarität Europas nur unter finanztechnischem Aspekt sieht, nicht aber unter Berücksichtigung der europäischen Errungenschaften wie dem Erbe der Aufklärung, der Trennung von Staat und Kirche, Sozialstaatlichkeit, einer unabhängigen Gerichtsbarkeit, der Geltung der Menschenrechte, der Geltung rechtsstaatlicher Verfassungen, Freizügigkeit, Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, eine wunderbare kulturelle Vielfalt und dergleichen.
Genau diesen Vorwurf muss man den Europapolitikern aber zurückgeben. Sie haben ja Griechenland und andere Staaten nur deshalb so blind aufgenommen, weil sie neue Märkte erschließen wollten und nicht, weil ihnen diese erhabenen Ziele vor Augen standen. Gerade die Aufklärung hat uns doch diese „einseitige“ Sichtweise Sarrazins beschert. Jeder Banker und Manager hat diese Sichtweise, die der europäischen Politik schon seit Jahrzehnten vorgibt, wie sie zu handeln hat.  

Sarrazin blamiert die Politik. Dafür wird er gehasst.
Einen Spiegel vorgehalten zu bekommen, ist oft ein schmerzhafter Prozess.
Aber die faktische Nüchternheit der Sarrazin-Bücher sind mehr wert, als die politisch korrekten Träumereien von blinder Solidarität, ewiger Primschuld der Deutschen und einem vereinten Europa um jeden Preis. Wir brauchen wieder Politiker, die rechnen, und nicht nur träumen können.

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