Mittwoch, 21. September 2011

Pest und Colera

Wenn man die EU kritisiert, wird oft von EU Vertretern und von den Regierenden folgendes Argument gebracht: Man möge doch auf das blicken, was uns die EU schon alles gebracht hat. Wir Österreicher gehörten bislang zu den Gewinnern der EU (trotz der Tatsache, dass wir immer Nettozahler waren).
Sehr schön, wir werden vielleicht eines Tages nostalgisch zurückblicken, aber was zum Geier ist das für ein armseliges Argument?
Kann ich mir irgendetwas darum kaufen, dass die EU in der Vergangenheit auch etwas gebracht hat? Sagt die Tatsache, dass unsere Wirtschaft in der Vergangenheit von der EU profitiert hat, irgendetwas darüber aus, ob es sich auszahlt, sie zu retten? 
Bedeutet die Tatsache, das Österreich in der EU während der letzten Jahre gut gewirtschaftet hat, dass man jetzt derjenige sein muss, sie zu retten? Aus Solidarität? Wem gegenüber sollen wir solidarisch sein? Warum wir und nicht die Banken? Die Bankenbeteiligung an der Griechenlandhilfe von 20% ist lächerlich und entspricht genau den Vorstellungen von Herrn Ackermann von der Deutschen Bank. Der Anteil der Banken müsste mindestens 50% betragen. 
Ist das nicht lustig? Was haben sich die Regierung, der Gouverneur der österreichischen Nationalbank und viele andere Wirtschaftsvertreter nicht aufgeregt, als H.C.Strache vor fast einem Jahr forderte, Griechenland solle aus der Währungsunion austreten? Heute wird diese Maßnahme ernsthaft diskutiert. Was haben sich die gleichen Personen nicht aufgeregt, als Strache forderte, man solle eine neue Währung gründen für die wirtschaftlich starken Länder Europas. Als dummer Dilettant wurde er bezeichnet. Doch heute beraten tatsächlich die europäischen Eliten diese Ideen. Nicht, das ich Strache für ein Wirtschaftsgenie halten würde, aber manchmal ist es sogar vernünftiger, auf den einfachen „Bauernverstand“ zu vertrauen, als auf Finanzexperten. 
Die Wahrheit ist zumutbar. Das bedeutet im Falle Griechenlands Folgendes:
Entweder wir füttern Griechenland die nächsten zehn Jahre durch, bis es wieder auf eigenen Beinen stehen kann. Das wird aber nur mit einem „Hair-cut“ der Schulden funktionieren oder wir nehmen zur Kenntnis, dass Griechenland bankrott ist. 
Kein Mensch kann sagen, wie die Finanzmärkte auf Dauer reagieren werden. Egal, ob wir ein PIIGS Land nach dem anderen retten, bis wir alle geschwächt sind und die Finanzmärkte auch gegen Deutschland, Schweden, Niederlande, Österreich usw. spekulieren können, oder ob sie weiterhin versuchen werden, ein Land nach dem anderen aus dem Euro heraus zu brechen. Jede Vorgehensweise wird enorme Kollateralschäden nach sich ziehen. Die Frage ist: Wird es nur der Bürger zahlen, oder werden auch die Banken bluten? Dürfen Banken endlich auch sterben, wenn sie es verdient haben? Schließlich haben sie auch die Gewinne davongetragen und waren die Nutznießer dieser Spekulationen. Übrigens sind es ja wieder die Banken, die jetzt auch gegen Griechenland und Italien spekulieren. Also auf der einen Seite jammern, auf der anderen aber selbst mitspekulieren ist schon irgendwie heftig. 
Man muss schon sehen, dass Griechenland ein Sonderfall ist. Es zahlt sich wesentlich mehr aus, Portugal zu retten, als Griechenland. Natürlich wollen die Griechen im Euroraum bleiben, doch ist nicht immer das gut, was der Patient will.
Was hat uns Europa in der Vergangenheit gebracht, ist jedenfalls die falsche Frage.
Die richtige Frage wäre, was wird uns die EU in der Zukunft bringen. Und wer diese Frage nüchtern stellt, wird feststellen, dass der Preis sehr hoch sein wird, aber der Wert bleibt ungewiss.


1 Kommentar:

  1. Da muß ich dir widersprechen: Nicht "die Griechen" wollen im Euroraum bleiben, sondern nur die durch die internationalen Oligarchen ferngesteuerten griech. Marionettenpolitiker.
    Der Durchschnittsgrieche, der direkt oder indirekt vom Tourismus, Landwirtschaft (Oliven, Wein) oder vom Fischen lebt, hätte lieber eine weiche Währung. Damit sind sie ja jahrzehntelang gut gefahren.
    Allgemein finde ich die Griechen faszinierend: Sie haben mehrere Jahrhunderte islam. Unterdrückung und Versklavung überstanden, und zwar unter Beibehaltung
    1. eigener Religion, 2. eigener Kultur, 3. eigener Sprache (die sonst nirgendwo gesprochen wird), und sogar 4. eigener Schrift(!!!)

    Und daß sie jetzt nach der Devise leben: "Wenn man dir gibt, dann nimm. Wenn man dir nimmt, dann schrei!" hat wohl auch seine Gründe in dieser geschichtlichen Erfahrung. Ebenso, daß sie freundlich sind und meistens ja sagen, aber dann doch tun, was sie wollen. Und daß sie wahre Meister der Steuerhinterziehung sind, das haben sie unter den Osmanen geübt. Ich sage dir: Die Griechen, die Lebenskünstler, haben eine Chance, die derzeit anlaufende gigantische, in der gesamten Menschheitsgeschichte bisher nie dagewesene Völkerwanderung zu überstehen. Wir ehrlichen, anständigen Dummköpfe sind zu blöd dazu.
    Nescio

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