Dienstag, 22. Mai 2012

Zwei geistliche Oberhäupter - der eine geliebt, der andere gehasst


Der Dalai Lama, das tibetische Oberhaupt im Exil, ist in Österreich zu Besuch und es scheint, als würde sich ganz Österreich (bis auf den chinesischen Botschafter) freuen. Wenn Papst Bendedikt XVI käme, dann gäbe es Gegendemos, von denen mehr berichtet würde, als von dem Besuch selbst. Aber bei Dalai Lama sind die Medien entzückt.


Dabei haben diese zwei älteren Herren sehr viele Gemeinsamkeiten, für die aber immer nur einer kritisiert wird. Der Dalai Lama warnt uns vor Egoismus. Unser Egoismus ist unserem Glück im Wege, so sagt er und erhält dafür heftigen Applaus. Als Papst Benedikt das sagte (und er hat das schon öfters gesagt) wurde er als „lebensfeindlich, unlebbare Forderungen erhebend und dergleichen heftig beschimpft.

Erstaunlich auch, mit welch Begeisterung die Interviewer des ORF mit dem buddhistischen Oberhaupt kommunizierten. Mit strahlenden Kinderaugen führten sie ein Interview, in dem ihnen der Dalai Lama sagte, dass ein weiblicher Dalai Lama (die feminine Bezeichnung dieses Wortes kenne ich nicht) schon ein herzeigbares Äußeres haben müsste. Hätte das jemand anderer gesagt, wäre es schwerer Sexisumus gewesen, aber so lächelte die Moderatorin des ORF milde und Armin Wolf in der „Zeit im Bild“ rettete den Dalai Lama, indem er hinzufügte, dass es sicher keine Päpstin geben wird, egal wie sie aussieht…
Bin ich froh. Die Ehre des Dalai Lama ist gerettet, und wieder ist klar, dass der Papst das rückständigste Wesen auf Erden ist. Eines ist nämlich sowohl Armin Wolf als auch dem Dalai Lama Fans nicht klar - dieser (der Dalai Lama) lebt genauso im strengen Zölibat wie der Papst. Ist er am Ende sexualfeindlich?
Aber nein, das Monopol auf Sexualfeindlichkeit hat ja auch schon der Papst.

Warum wird also der eine für die gleichen Aussagen und Geisteshaltungen geliebt, während der andere dafür gehasst wird? Zugegeben, der Dalai Lama ist ein „Scherzkeks“ und das gefällt dem Publikum. Der Papst hingegen ist alles andere als ein Showmensch. Doch, wenn man ihm zuhören würde, würde man bemerken, dass er für einen Deutschen (sie mögen mir verzeihen) einen sehr feinen Humor hat, der auf sehr leisen Sohlen daherkommt.

Doch was ist es, das den Buddhismus für uns westliche Menschen so attraktiv macht? Obwohl beispielsweise der Islam viel präsenter ist, hat der Buddhismus auf unsere Gesellschaft eine viel größere Anziehungskraft.

Ohne ein Buddhismus-Experte zu sein, glaube ich erahnen zu können, warum uns diese Lehre so fasziniert. Das Christentum ist eine extrovertierte Religion, die eine Gemeinschaft benötigt. Niemand ist Christ für sich alleine. Ein Christ braucht das Christentum. Das erscheint in einer individualisierten Konsumgesellschaft überflüssig. Wozu Gemeinschaft - wozu teilen? Im Buddhismus hingegen geht man seinen Weg alleine. Man strebt nach der individuellen Erleuchtung. Religion ist in unserer säkularisierten Gesellschaft Privatsache. Keine andere Religion lässt so viel Privatheit zu, wie der Buddhismus. Buddha hat die Augen (fast) immer geschlossen. Er ist (fast) immer in sich gekehrt. Es gibt nur eine einzige Buddhastatuenart mit geöffneten Augen.  Er interessiert sich nur für sich. Das Christentum ist genau umgekehrt aufgebaut. Christliche Märtyrer haben die Augen weit geöffnet. Sie konzentrieren sich auf jemand anderes - sei es Gott selbst, oder sei es der Mitmensch. Der Buddhismus ist für uns eine „Wohlstandsreligion.“ Doch schon bald werden die Zeiten anders werden. Alles was modern ist, wird sich schon bald als substanzlos erweisen. Dann werden wieder andere Werte gefragt sein. Das Christentum ist keine Wohlstands-, sondern eine Krisenreligion. Bei unterdrückten und ausgebeuteten Völkern kommt das Christentum mit seiner Frohbotschaft an. In wohlhabenden und satten Gesellschaften kommt das Christentum schlecht an.
Je schlechter es Europa schon bald gehen wird, desto stärker wird die Kirche wie ein Fels in der Brandung stehen. Wenn in Europa und in der gesamten westlichen Welt die Lichter ausgehen, wird ein Licht weiter leuchten, und es wird nicht der Buddhismus und nicht der Islam sein. Die Toten-Jubellieder mancher Atheisten über das angeblich sterbende Christentum sind verfrüht. Dieses wird nämlich schon bald eine Renaissance erleben, wenn Europa wieder einmal dunkle Zeiten hinter sich gebracht hat…
Zeiten, die gerade am Horizont auftauchen.

5 Kommentare:

  1. Was des Dalai Lamas zölibateres Leben, bzw. seine Einstellung zum Sex angeht,
    empfehle ich diesen Artikel aus dem Magazin Emma. Ist zwar fast etwas peinlich dorthin zu verlinken, aber es scheint gut recherchiert zu sein.

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  2. Das Christentum ist genau umgekehrt aufgebaut.

    Richtig!
    Vieleicht ist das der Unterschied zwischen dem Dalai Lama und dem Papst.

    Das Christentum ist so davon überzeugt, dass es das absolut beste Produkt auf dem Markt hat, dass es glaubt dieses Produkt MÜSSTEN doch ALLE Menschen UNBEDINGT haben wollen. Um dann zunächst erstaunt und dann beleidigt festzustellen, dass es Menschen gibt, die dieses "Geschenk" nicht haben wollen und sogar abzulehnen wagen.
    Früher gabs dann ganz schnell heisse Füsse, jetzt gerne auch mal den einen oder anderen katholischen Würdenträger, der seinem Unmut über diese Zumutung (Wie kann man nur ein GESCHENK GOTTES abzulehnen wagen?!) etwas angeranzt Luft macht.
    Das letzte Beispiel ist seine Exzellenz Bischof Müller, der sich dazu verstiegen hat Menschen die nicht allzu unterwürfig sind als "parasitäre Existenzformen" zu titulieren.

    Der langen Rede kurzer Sinn: der Katholizismus und damit auch der Papst, wird im Gegensatz zum Dalai Lama und seinem Glauben als recht aggressiv wahrgenommen. Und das mögen manche Menschen eben nicht. Wenn es Sie tröstet, es gibt noch schlimmeres. Den Islam zum Beispiel in seiner übelsten Ausprägung dem Terrosismus. Nicht dass das Christentum von solchen Bösewichten verschont geblieben wäre, aber die Muslime sind darin eindeutig besser.

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  3. Lieber Querdenker, ich stimme Dir vollkommen zu.
    Zwei ergänzende Gedanken.
    der Prophet im eigenen Lande gilt nichts.
    Ein Schriftsteller hat einmal geschrieben: Man kann die Heilige Messe in Hütten oder Palästen feiern, aber nicht in den modernen Villenvierteln...

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  4. Wollen Sie damit behaupten, dass die katholische Kirche auf Not, Leid und Elend von Menschen angewiesen ist und mit Menschen, denen es gut geht nichts anfangen kann? Sie verkürzen damit die Frohbotschaft Jesu.

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  5. @Bellfrell: Danke für den Artikel. Echt lesenswert- hätte ich mir von dieser Zeitschrift nicht gedacht.
    @F.M. Nein, ich behaupte nicht, dass das Christentum auf Not angewiesen ist, sondern das Zeiten der Not nach einem Anker verlangen, der den Menschen Halt gibt. Dieser Anker wird dann wieder vermehrt die Kirche sein.
    Es ist schon im Alten Testament nachzulesen, dass auf Zeiten, in denen die Israeliten auf ihren Gott vergaßen, andere Zeiten folgten, in denen sie lernten, durch Not sich wieder an ihn zu erinnern. Das Alte Testament wurde nicht abgelöst von Christus, sondern es wurde erfüllt von ihm.
    @Anonym:
    Produkt?
    Kein Christ hat irgendjemand ein Produkt anzudrehen, aber wenn du meinst etwas erstrebenswerteres zu "haben", als das Ewige Leben in Gottes Nähe geschenkt zu bekommen, lass es mich wissen ;-)
    Ganz kann ich deine Kritik nicht nachvollziehen. Ich kenne keine Christen, die sich beleidigt von einem abwenden, wenn man sich nicht bekehren lassen will. Dass der Papst als aggressiv wahrgenommen wird kann ich nur bestätigen, doch finde ich, dass er zu einen sehr hohen Prozentsatz zu unrecht so wahrgenommen wird. Man sieht, was man sehen will. Im Papst (vor allem im derzeitigen) wollen die Menschen oft jemanden sehen, der seinen Glauben aggressiv vertritt. Man müsste doch schon genauer sagen, was man als aggressiv empfindet.
    Aber ich gebe dir insofern recht, dass auch ich als Christ die Sehnsucht habe, all meine Freunde Gott irgendwie näher zu bringen , - schon allein deswegen, weil ich sie im ewigen Leben ja wieder sehen will.
    Es ist ja unser Auftrag von niemanden geringeren als Jesus, die Frohbotschaft zu verkünden und Zeugnis für ihn abzulegen.

    Dein Beispiel von Bischof Müller kenne ich nicht, glaube dir aber, das diese Aussage verletzt. Ich verstehe zwar nicht, was er eigentlich mit "parasitärem Leben" meint, aber ich finde, die Aussage eines Bischofs ist eben die eines Bischofs, und man sollte sie nicht verallgemeinern auf eine globale Kirche. (Was umgekehrt schon zutrifft - die Aussage des Papstes ist relevant für die gesamte Röm. Kath. Kirche. Auch für die, die es eigentlich nicht hören wollen.

    Das größte Missverständnis zwischen der Kirche und der Gesellschaft liegt aber meiner Meinung daran, dass die Gesellschaft meint, in der Kirche dürfe es eigentlich keine Fehler und keine Sünde geben. Doch die Kirche war nie frei von Sünde. Das Leitmotiv der Kirche liegt in der ständigen Sündenvergebung, und nicht in der Sündenfreiheit. Genauso wie es auch außerhalb der Kirche Heil gibt, gibt es auch innerhalb der Kirche Sünde. Die Erwartung, dass die Kirche ohne Sünde sein müsse um glaubwürdig zu sein, ist meines Erachtens eine Fehlerwartung. Die Kirche hat das nie in Anspruch genommen, und Jesus hat es nie zur Bedingung seiner Gegenwart gemacht.

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