Da werden im ORF nach den Diskussionen zur Wahl die Aussagen der Politiker auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft – selbstverständlich nur jene Aussagen, die von Mitte-Rechts Parteien gemacht werden – und nach den Diskussionen dürfen die Paradepolitikbeobachter der Nation, Sophie Karmasin (Marktforscherin) und Peter Filzmaier (Politikwissenschaftler), von den Regierungsparteien und Linksparteien angenehm überrascht und von allen anderen enttäuscht sein.
Dabei sind die Analysen von Frau Karmasin eine „unheimliche Bereicherung.“ Sie erzählt nach, was man zuvor gesehen und gehört hat, mit dem Nachsatz, dass der erwünschte Protagonist – also Faymann oder Glawischnig – der Sieger wäre. Irgendwie wirken die zwei vom ORF eingesetzten Experten wie die Balkonmuppets, die permanent überflüssige Kommentare abgeben. Ich könnte mir vorstellen, dass in Nordkorea die Kommentatoren ähnlich eingesetzt werden. Sie sind dazu da, eventuelle Irrtümer seitens der Zuschauer zu korrigieren. Die Ergebnisse sind zu verlautbaren. Werner Faymann zum Beispiel ist staatsmännisch und angriffig zugleich. Josef Bucher wirkte dagegen unterlegen und müde. Hätte sich Bucher so verhalten, dann würden sich die Ausdrücke „staatsmännisch“ und „angriffig“ in „passiv“ bzw. „polemisch“ verwandeln. Man kann die Diskussion doch nicht einfach so unkommentiert stehen lassen. Es muss gesagt werden, dass der erwünschte Kandidat der Sieger ist (also entweder Faymann oder Glawischnig). Sonst bekämen die Zuseher am Ende noch einen eigenen Eindruck…
Faymann ist nämlich in der gestrigen Diskussionsendung des ORF meiner Meinung genau einmal aufgewacht – und diese paar Sekunden haben die Kommentatoren ganz aus dem Häuschen gebracht. Dabei empörte sich Faymann an den vollkommen falschen Adressaten. Josef Bucher hat mit dem „Hypo Alpe Adria“- Desaster überhaupt nichts zu tun. So werden schnell von Faymann „Buchers angeblichen Parteifreunde von der FPÖ-Familie“ zitiert (obwohl sich FPÖ und BZÖ nicht mehr viel zu sagen haben), um Bucher irgendwie mit der Hypo in Verbindung zu bringen, damit man ihm dann Charkterlosigkeit vorwerfen kann.
Mir ist völlig unverständlich, warum Bucher diese Frechheit auf sich sitzen gelassen hat.
Warum hat er Faymann nicht ebenfalls Charakterlosigkeit vorgeworfen, in Salzburg, in Linz oder bei den Faymann-Inseraten?
Warum Bucher da sitzt wie ein Schuljunge und jede Frechheit schluckt, die ihm der politische Gegner an den Kopf wirft – in der Hoffnung, dass schon irgendetwas hängen bleibt – ist mir schleierhaft. Was sich Stronach und Faymann gegenüber Bucher an Unverschämtheiten herausgenommen haben, stellt noch die Überheblichkeit der Grünen gegenüber den Rechtsparteien in den Schatten. Stronach stellt Bucher als einen Versager dar und Faymann als einen charakterlosen Menschen für Dinge, mit denen Bucher nichts zu tun hatte.
Es ist auch auffällig, dass keiner Werner Faymann auf die Inseratenaffäre anspricht und auf das Abwürgen des Untersuchungsausschusses, als es darum ging, die Inseratenaffäre politisch und ethisch zu hinterfragen – soviel zur Charakterlosigkeit, Herr Faymann.
Nur – hat Bucher geschlafen? Hat er unter Schock gestanden? Ist er zu gut erzogen worden?
Zugegeben, gegen Faymanns hässlich-krächzende Stimme kommt man schwer an. Doch manchmal lässt Bucher wirklich einfach Dinge über sich ergehen, die unzumutbar sind.
Ganz anders unser neuer Oben-ohne-polit-Held Frank Stronach.
Es ist ganz egal, wie viel Überzeit er gegenüber seinen Kontrahenten hat. Es ist ihm immer noch zu wenig, und ganz anders als Bucher fühlt er sich beleidigt, wenn sein Gegenspieler das Wort hat. (Trotz Redezeitüberhangs seinerseits.)
Worin der Reiz liegen könnte, Frank Stronach zu wählen, ist mir vollkommen schleierhaft.
Entweder er gibt leere Worthülsen von sich, ohne jemals konkret zu werden, oder er gibt sich überheblich und gibt mit seinem Vermögen an. Entweder er verdampft überhaupt nur impertinente heiße Luft, oder er glänzt – wie in der Diskussion um Außenpolitik mit Michael Spindelegger zu sehen – mit echter Ahnungslosigkeit. Offensichtlich weiß er nicht einmal, was das Neutralitätsgesetz aussagt.
Es ist es auch immer erheiternd zu beobachten, wie sich das Fanpublikum des jeweiligen Politikers gibt. Stereotypen gibt es hier ganz zahlreich, die sich für ihre Polithelden zum Affen machen. Pensionisten, die um „wohlerworbene“ Rechte fürchten, Pseudointellektuelle, die nur in Links- und Rechtsschemata denken können. „Kleine Männer“ (O-Ton Jörg Haider), die es denen da oben endlich zeigen wollen und vieles mehr. Eine echte Bereicherung und eine große Hilfe für den ORF, das Niveau noch etwas mehr zu senken.
Damit verkommen die Diskussionssendungen endgültig zum Wettbewerb um den polemischsten Sager.
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