Freitag, 12. März 2010

Die Kirche auf der Anklagebank, und der ORF als Ankläger.


Gleich zu Beginn eines vorweg. Was geschehen ist, ist geschehen. Ich will keineswegs die Täter schützen, und der (Amts)-kirche aus ihrer Verantwortung helfen. Auch wenn so gut wie alle Fälle mindestens 20 Jahre her sind, und viele dieser Missbrauchsfälle weder bewiesen sind (ja, auch für Priester gilt nämlich die Unschuldsvermutung), noch als schwerer Missbrauch zu bezeichnen sind.
Der ORF berichtet, ähnlich wie bei einer Dauerwerbesendung, permanent über Missbrauchsfälle und suggeriert sehr wohl bewusst, dass Kindesmissbrauch in der Kirche etwas Normales wäre und dass es sich bei allen Fällen um schweren Kindermissbrauch handelte. In den Foren der Zeitungen lese ich aber auch viele Postings von Menschen, die zur gleichen Zeit in den gleichen Schulen wie die Opfer waren, und nichts von all dem bemerkt haben. (Natürlich gibt es auch bestätigende Postings.) Nun, eine differenzierende Berichterstattung ist schon lange nicht mehr die Stärke des ORF, aber ich frage mich, was dem ORF zu dieser geiferartigen Berichterstattung veranlasst? Er kommt natürlich damit dem Voyeurismus der Bevölkerung entgegen. Was macht die Lust aus, dass sich viele Menschen an der Kirchenkrise ergeifern? Die sexualfeindliche Haltung der Kirche wird angeprangert, ohne dazu zu sagen, was denn heute noch sexualfeindlich ist. Der Priester geht den Zölibat schließlich freiwillig ein. Sind die berühmten buddhistischen Shaolinmönche auch sexualfeindlich, weil sie zölibater leben? Die Kirche hat den Zölibat keinesfalls erfunden. Schnell ist man mit alten Vorurteilen zur Stelle und nimmt die Hexenverbrennungen als Beispiel der Sexualfeindichkeit. Beim genauerem Hinsehen würde man bemerken, dass die meisten Hexenverbrennungen von weltlichen Landesfürsten (nicht wenige davon protestantischer Prägung) durchgeführt wurden und die Kirche eher auf der Seite der Angeklagten war. Dass die übergroße Mehrheit aller Missbrauchsfälle von Kindern innerhalb der eigenen Familien vorkommen, lässt in mir den Verdacht aufkommen, dass so mancher so laut schreit, weil er etwas überdecken möchte. Ich möchte nicht wissen, was für finstere Tatsachen sich in den Kellern der eigenen Geschichte so manches Kirchenkritikers befinden. Aber daraus lässt sich vom ORF kein so schöner Skandal machen. Den missbrauchten Kindern erwächst kein Vorteil aus der anti-kirchlichen Berichterstattung des ORF.
Eine sehr schiefe Optik vieler angeblicher Opfer ergibt sich auch aus der Tatsache, dass die Fälle schon mehrer Jahrzehnte her sind. Nur weil jetzt alle aufschreien, erinnern sich plötzlich immer mehr, dass sie misshandelt wurden? Haben sie das zu Zeiten Groers nicht wahrgenommen? Auch damals lag es schon Jahrzehnte zurück. Vielleicht waren die Delikte damals aber noch nicht verjährt und sie haben bewusst geschwiegen, weil es nichts zu beweisen gab? Dass jetzt jeden Tag ein neuer Fall auftaucht, halte ich für ein massensoziologisches Phänomen, das die wahren Missbrauchsfälle (in und außerhalb der Katholischen Kirche) mehr verdeckt als aufdeckt. Der ORF hilft bei dieser Verzerrung mit und macht sich meiner Meinung nach damit mitschuldig. Denn die große Mehrheit aller Täter versteckt sich jetzt hinter der Kirche, die die gesamte Aufmerksamkeit des ORF hat, und misshandeln ihre Opfer ungestört weiter.

Es ist schon interessant, dass sich der ORF zu Islamfragen genau diametral zu Kirchenfragen verhält. Geht es um den Islam, dann ist der ORF bemüht, zwischen Islam und Islamismus zu differenzieren. Geht es um die Kirche, dann ist sie als gesamtes konservativ- rechts-sexualfeindlich-frauenfeindlich-altmodisch-einfältig-rückständig etc.

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