Dienstag, 14. September 2010

Die, die für "Maria Namen" auf die Straße gehen.




Die kleine Iris geht mit ihrem Freund Mustafa von der Schule heim. Sie erzählt, dass sie heute zur Erstkommunionvorbereitung gehen „muss“. Dort bereitet sie sich darauf vor, dass Gottes Sohn zu ihr kommt (in Form von einem Stück Brot). Mustafa sieht sie entsetzt an. „Gott hat keinen Sohn!“ Iris weiß nicht, was sie darauf sagen soll. Als sie zu Hause ist, fragt sie ihre Mutter. Doch diese scheint genauso ratlos zu sein, wie Iris selbst.

In dieser kurzen Episode zeigt sich die ganze Tragik des Traditionschristentums. Nicht die kleine Iris sollte zum Erstkommunionunterricht, sondern ihre Mutter. Bei der Taufe hat nämlich ihre Mutter versprochen, ihr Kind den christlichen Glauben näher zu bringen. Doch scheinbar hat sie sich selbst dafür viel zu wenig interessiert, als dass sie die Fragen ihrer Tochter beantworten könnte.

Mustafa hat nämlich Recht. Gott hat tatsächlich keinen Sohn. Gott IST Sohn. Genauso wie Gott Vater IST. Dann erscheint das ganze gleich weniger abstrakt, denn auch jeder Mann, der Vater ist, ist gleichzeitig auch jemandens Sohn (das gleiche gilt natürlich auch für Mütter und Töchter).

Diese Episode wurde auf der 50. „Maria Namen – Feier“ in der Wiener Stadthalle erzählt. Sie erzählt von den geänderten Umständen, mit denen unsere Kinder konfrontiert werden. Noch vor 20 Jahren wusste kaum ein Kind, was das Wort „Islam“ bedeutet, doch heute werden sie damit hautnah konfrontiert. Doch erleben Kinder wie Iris in dieser Geschichte, dass sie oft von ihren Eltern mit ihren Fragen alleine gelassen werden. Denn nichts anderes ist agnostische Erziehung. Das alleine lassen von Kindern in religiösen Fragen.

Gerade heute ist es wichtig, dass unsere Kinder durch christliche Traditionen lernen, Gott in ihr Leben zu intergrieren. Durch viele Traditionen werden ihre Fragen von alleine beantwortet. Eine solche Tradition könnte ein gemeinsames Tischgebet vor dem Essen oder ein Abendgebet sein. „Beten“ bedeutet „Sprechen mit Gott.“ Also eine Meditation oder ein „wir haben uns alle ganz toll lieb – Gedicht“ ist kein Gebet. Darum wird bei solchen Meditationen auch keine Frage beantwortet. Die Kinder lernen nicht, zu reflektieren. Bei einem Abendgebet könnte man sich gemeinsam mit dem Kind darüber Gedanken machen, ob man heute so gelebt hat, dass Gott Freude mit uns hat.
Auf diese Art lernt das Kind Reflexion und Selbsteinschätzung sowie Selbstkritik.

Man kann es auch kurz formulieren, beten tut der Entwicklung des Kindes gut.
Ein anderes Kind stellte die Frage, warum Gott die Welt gemacht hat, wenn es doch einen Himmel gibt. Das sind keine naiven, sondern existienzielle Fragen, die unser ganzes Leben betreffen. Die Kinder mit solchen Fragen alleine zu lassen, bedeutet, ihnen die Sicht auf den Sinn dieses Daseiens zu verstellen.

Nach dem Vortrag vom Religionspädagogen Albert Biesinger, bei dem dieses und andere Themen behandelt wurden, beteten tausende Menschen gemeinsam den Rosenkranz. Dieses Gebet ist nicht altmodisch. Es waren junge Menschen, die dieses Gebet einst erfanden. Es vereint Kontemplation, Meditation und Gebet in ein inneres „Gott schauen.“ Wenn Jesus sagt „...wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen...“, dann gilt das umso mehr, wo tausende in Jesu Namen versammelt sind und gemeinsam mit einer Stimme beten.

Nach dem Rosenkranz zelebrierte Erzbischof Schönborn mit seinen Amtskollegen die Heilige Messe. Dabei möchte ich gerne auf das Schlusslied besonders hinweisen. Dies wurde vom Franziskaner P. Petrus Pavlicek komponiert, der es aus Dankbarkeit getextet hat, dass die Gottesmutter sichtlich geholfen hat, die Kriegswirren des Zweiten Weltkrieges zu überwinden. Dabei wird die Statue der Muttergottes durch die Halle getragen. Die Menschen verneigen sich, fotografieren die Statue und heben (fast möchte man meinen - verliebt) ihre Blicke. Dieses Lied wurde in den 50 Jahren, seit es diesen Rosenkranz Sühnekreuzzug gibt, zu einer Art Hymne. Für mich ist dieser Anblick ein sehr herzerwärmender Augenblick.

Als die Messe zu Ende war, bildete sich eine Gruppe von ca. 50- 100 Personen, die eine Prozession von der Stadthalle zum Heldenplatz geplant hatten. Dies gehörte aber nicht mehr zum offiziellen Programm. Deswegen wurde auch in der Messe nicht darauf hingewiesen. Doch unterwegs stießen immer mehr und mehr Besucher der „Maria Namen Feier“ hinzu und liefen der Prozession richtiggehend nach, sodass diese Gruppe stetig anwuchs. Die Prozession zog betend und singend durch die Stadt und erinnerte die Menschen daran, dass es der Gottesmutter Maria zu verdanken ist, dass wir heute in Demokratie und Freiheit (vor allem Religionsfreiheit) leben dürfen. Die Marienstatue wurde vor den Menschen hergetragen. Gegen Ende waren ungefähr 1000 Menschen an dieser Prozession beteiligt (und mir fiel auf, dass sich daran durchaus auch viele junge Menschen beteiligten). Vielleicht ist mit dieser Prozession an der diesjährigen „Maria Namen Feier“ etwas Neues entstanden, das uns zurück zu den Anfängen dieser Feier führt, als es noch keine Stadthalle gab. Diese Halle ist geschützt und gut, aber wir Christen (speziell wir Katholiken) müssen dringend lernen, unseren Glauben auch zu bezeugen. Egal ob wir dafür schief angesehen werden.

1 Kommentar:

  1. O ja, P. Benno OFM hat schon auf die anschließende Prozession hingewiesen, und zwar kanpp vor 16 Uhr, dem offiziellen Beginn der Maria-Namen-Feier! Ich selbst habe mich mit meiner Taufpatin der Prozession angeschlossen, gleich beim Weggehen in der Hütteldorfer Straße. Das (Rosenkranz-) Beten und Singen klang laut, besinnlich und doch machtvoll. Wunderschön! Einige Ansagen von P. Bernhard Vosicky OCist, den ich sonst immer sehr schätze, klangen für meinen Geschmack aber etwas zu "markig". Berührend, als wir an vielen jungen Menschen vorbeizogen, die schweigend und staunend aus Fenstern und Lokaltüren schauten. Keine Störungen! Bei Erreichen des Naturhistorischen Museums allerdings bin ich vorzeitig fortgegangen, als ich ganz vorne die Fahne mit der Applikation des Doppeladlers entdeckte. Warum dies? Trotzdem: Eine berührende Glaubensdemonstration mit vielen jungen Menschen!

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